Was verstehen die Juristen unter Sportrecht?

1. Der Begriff Sportrecht wird in doppelter Bedeutung verwendet:
(1) Zunächst umfaßt er das gesamte staatliche Recht, das den Sport betrifft. Praktisch alle Teile des Rechts sind auch auf Erscheinungen des Sports anzuwenden.
Besonders zu nennen sind aus dem öffentlichen Recht etwa das Sportförderungsrecht, das Baurecht, das Sozialrecht, das Nachbarrecht, das (Vereins-)Steuerrecht. Aus dem Zivilrecht das Vereins-, Vertrags- und Schadenssrecht, das private Nachbarrecht aus dem Strafrecht die Bestimmungen über Tötung und Körperverletzung sowie Betrug.
(2) Weiterhin wird auch das selbstgesetzte Recht des Sportes Sportrecht genannt. Es findet sich in Satzungen, Regelwerken usw. der Sportverbände und der Sportvereine und regelt die Rechte und Pflichten der Mitglieder und der sonstigen der Verbandsgewalt Unterworfenen sowie die Durchsetzung der Pflichten durch Verbandsorgane und überhaupt die (verbandsmäßige) Sportausübung. Es gehört, soweit es überhaupt relevant im Sinne des staatlichen Rechts ist, zum Zivilrecht.
2. Die Problematik des Sportrechts besteht darin, daß einerseits das Verbandsrecht und vor allem die Entscheidungen von Verbandsorganen keinesfalls außerhalb der staatlichen Rechtsordnung in einem "rechtsfreien Raum" stehen. Vor der Professionalisierung des Sportes konnte man noch weitgehend davon ausgehen, daß das Verbandsrecht und die darauf basierenden Verbandsentscheidungen nicht in Rechtspositionen der Sportler eingreifen, sieht man einmal vom Haftungsrecht ab, bei dem schon immer das staatliche Recht die Grenzen gezogen hat. Das staatliche Recht konnte daher dem Sport früher weitgehende Autonomie zugestehen.
Verbandsrecht und Verbandsentscheidungen greifen nun aber zunehmend in Persönlichkeitsrechte und vermögenswerte Rechte der Sportler ein, so daß der Staat durch seine Gerichte auf der Grundlage seines Rechts den Sportlern Rechtsschutz gewähren muß.
Andererseits müssen die Besonderheiten des Sportes, die Typizität der einzelnen Sportarten, auch vom staatlichen Recht berücksichtigt werden, da sonst der Sport verbandsmäßig nicht mehr betrieben werden könnte; alle Sportler haben aber ein (auch wirtschaftliches) Interesse an der Aufrechterhaltung des Sportbetriebes.
Daher gewährt der Staat dem Sport das Recht, seine Angelegenheiten im Rahmen des staatlichen Rechts selbst zu regeln. So sind etwa - vor allem bei Kampfsportarten - typische Körperverletzungen von der staatlichen Rechtsordnung hinzunehmen und führen daher nicht zu Schadensersatzansprüchen; das gleiche gilt für Schiedsrichterentscheidungen oder die zeitweise Sperre eines Berufssportlers wegen Verstoßes gegen das Regelwerk, die beide rechtlich einen Eingriff in vermögenswerte Positionen darstellen können. Die entscheidende Abgrenzung für die Pflicht und die Befugnis des staatlichen Rechts, in die inneren Belange des Sports einzugreifen, liegt also darin, unter Beachtung des Sport-typischen einer jeden Sportart die Rechte der Beteiligten zu schützen. Die Grenzziehung zwischen Autonomie des Sports und staatlichem Recht gehört zu den schwierigen Problemen des Sportrechts.
Soweit der Sport mit dritten Personen in Berührung kommt, die weder vereinsrechtlich noch vertraglich an das Verbandsrecht gebunden sind, gilt allein das allgemeine staatliche Recht.

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